Die Zeit der Trauer - eine Hilfe für Trauernde und Begleitende
Der Verlust eines nahen Angehörigen, eines geliebten Menschen stürzt Betroffene in bisher unbekannte Tiefen, in Einsamkeit und Verzweiflung und wirft allzu oft verwirrende Fragen auf. Es gibt keine allgemein verbindlichen Antworten, keinen für alle gleichermaßen gültigen Weg, die Trauer zu erleben und mit ihr umzugehen. Dennoch gibt es auch Gemeinsamkeiten in der Trauer, die es ermöglichen, sich als normal in all den widersprüchlichen Gefühlen, dem Schmerz und der Verwirrung zu sehen.
Es ist uns ein besonderes Anliegen, Trauernden aber auch deren Angehörigen und Freunden eine Stütze zu sein, Antworten und Hilfe anzubieten.
In der Broschüre „Die Zeit der Trauer“, die der Krebsverband Baden-Württemberg e.V. gemeinsam mit dem Diakonischen Werk der EKD herausgibt, finden sich viele hilfreiche Gedanken zum Umgang mit der Trauer und mit Trauernden.
Mit der freundlichen Erlaubnis der Herausgeber können wir auf den folgenden Seiten einige Auszüge aus der Broschüre veröffentlichen.
Nach dem Tod eines geliebten Menschen stellen sich viele quälende Fragen nach dem WARUM.
„Warum nicht ich, sondern sie?“
“Warum hatten wir nur so wenig Zeit“
“Warum konnte meine Liebe ihn nicht halten“
etc....
Darüber hinaus beobachten viele Trauernde körperliche Veränderungen und neue Verhaltensweisen an sich:
Müdigkeit-Leergefühl im Magen-Brustbeklemmungen-Herzrasen-Schlafstörungen-Zugeschnürtsein in der Kehle-Kurzatmigkeit-Appetitmangel-Leeres Funktionieren-Konzentrationsstörungen-Wahnvorstellungen-Verwirrung-Überempfindlichkeit-Desinteresse-Kontaktverweigerung-Verändertes Zeitgefühl-Unverständliche Träume-Suchen und Rufen-Lautes Sprechen mit dem Verstorbenen-Überaktivität-Entscheidungsschwierigkeiten-Muskelschwäche
Alle diese Gefühle, Gedanken und Erlebnisse sind normal.
Sie kommen und gehen. Und eines Tages werden sie weniger intensiv und bedrohlich. Wichtig ist, dass Sie sich in all Ihren Gefühlen annehmen und sich den Weg nicht durch Ihre eigene Ablehnung noch schwerer machen. Alle Empfindungen dürfen sein.
Viele Trauernde haben Probleme mit der Zeit:
„Ich trauere nun schon ein Jahr um meine Mutter. Ist das normal?“
„Seit dem Tod meiner Tochter ist die Zeit stehen geblieben.“
„Ich denke immer, die Trauer hat aufgehört und dann scheint es wieder von vorne anzufangen.“
Alle diese Zeitempfindungen haben ihre Richtigkeit. Sie können sich selbst helfen, indem Sie sich ZEIT LASSEN.
Da, wo Sie sich gestatten, ZEIT ZU HABEN
können Sie fast immer erleben, dass sich die Dinge langsam wandeln.
- Seien Sie gut zu sich selbst und nehmen Sie Rücksicht auf Ihre Grenzen. Achten Sie darauf, wo Sie gebraucht werden, aber übernehmen Sie sich nicht.
- Vermeiden Sie das Grübeln über Schuldgefühle.
- Gönnen Sie sich genügend Ruhepausen.
- Sorgen Sie für Ihren Körper! Durch richtige Ernährung – auch wenn Sie keinen Hunger haben – durch Bewegung (z.B. einen Spaziergang) und durch Entspannung (z.B. ein warmes Bad, eine Massage etc.).
- Versuchen Sie auf einen geregelten Tagesrhythmus zu achten.
- Führen Sie Tagebuch, in das Sie all Ihre Gefühle und Gedanken hinein schreiben.
- Suchen Sie nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten: Musik, Malen...
- Stellen Sie Fotos auf.
- Bitten Sie andere konkret um Hilfe und nehmen Sie Hilfe an.
- Suchen Sie Gespräche mit anderen, die Ähnliches erlebt haben.
- Verbringen Sie Zeit mit Menschen, die Sie verstehen und Sie annehmen.
Obgleich Trauer von vielen Menschen ähnlich erlebt wird, gibt es viele Unterschiede, wie Menschen mit dem Gefühl der Trauer umgehen. Unterschiede, die oft irritieren, besonders bei nahen Familienangehörigen oder engen Freunden. „Ich verstehe das nicht: mein Mann scheint um unser verstorbenes Kind gar nicht richtig zu trauern.“ Solche und ähnliche Gefühle haben viele Trauernde, sie verstärken die Empfindung der Einsamkeit in einer Zeit, in der Nähe und Verbundenheit dringend gebraucht werden.
Aber: andere trauern anders! Anders in Bezug auf:
- Gefühle zulassen und zeigen
- Nähe brauchen und zulassen
- über den Verstorbenen sprechen wollen
- in Bezug auf den Zeitpunkt, die Dauer und auch die Tiefe der Gefühle
Andere Menschen haben eine andere Art mit ihren Gefühlen umzugehen. Auch wenn Menschen nach außen hin gar keine Trauer zeigen, heißt das nicht, dass sie nicht auf ihre Art trauern.
Wenn Sie verstehen, dass die Andersartigkeit der Trauer kein Mangel an Liebe oder Tiefe bedeutet, dass sich in ihr nicht Härte, Desinteresse oder Kälte ausdrücken, so wird es möglich, den anderen trotz der Unterschiedlichkeiten nahe zu sein.
Viele sagen: „Wann hört das denn endlich auf?“ Die Trauer hört in dem Sinne nicht auf. Sie wird langsam ein Teil Ihres Lebens, sie verändert sich und Sie verändern sich mit ihr.
Viele Menschen berichten, dass das erste Jahr mit all seinen „Jahrestagen“ das schwierigste Jahr war, denn mit jedem dieser Tage kam eine große Anzahl von Erinnerungen, schönen und schmerzhaften zurück. Solche „Jahrestage“ können neben den großen Feiertagen wie Weihnachten, Ostern oder Geburtstag auch Tage sein, die mit besonderen Erinnerungen verbunden sind: der Tag des Kennenlernens, der Todestag, der Tag der Beerdigung etc...
Manchmal ist es hilfreich, solche Gedenktage besonders zu gestalten. Zum Beispiel etwas alleine zumachen und an den Verstorbenen zu denken, oder Freude/Verwandte zu bitten, den Tag gemeinsam zu verbringen. Oft werden dann der Austausch und das Aufleben der Erinnerungen zu einer tiefen Bereicherung für alle.
Irgendwann wird es möglich, innerlich zu dem Verstorbenen zu sagen: „Du bist tot. Ich lebe noch ein bisschen. Dann sterbe ich auch.“ Dieser Satz von Bert Hellinger hat sich für viele als heilend erwiesen.
Was bleibt, sind die Erinnerungen und die Verbundenheit mit dem Toten. Dadurch, dass er in Ihrem Leben war, hat er Ihnen viel gegeben, vieles kam durch ihn zur Entfaltung. Das bleibt Ihnen und Sie können das Begonnene weiter wachsen lassen.
Manchmal erleben Sie auch, dass nun, nachdem der andere nicht mehr lebt, neue Teile Ihres Wesens zum Vorschein kommen können.
Was bleibt – über alle Trauer und Verzweiflung hinweg – ist das Gefühl der Dankbarkeit dafür, dass der andere bei uns war, dass es ihn gab.
Das Sich-wieder-Einlassen auf das Leben braucht Zeit, viel Zeit. Nehmen Sie sich Zeit für Ihren Weg.
Umgang mit Trauernden
Sterben und Tod lösen in den meisten Menschen Gefühle der Unsicherheit, der Angst und der Hilflosigkeit aus. Wir scheuen oft die erste Begegnung mit den Betroffenen und wissen nicht, was wir sagen sollen. Wir möchten am liebsten die Straßenseite wechseln, wenn wir den Trauernden sehen. Eine andere Stimme in uns sagt aber auch, dass wir gern auf ihn zugehen würden, um ihm zu helfen.
Nehmen Sie zuerst Ihre eigene Hilflosigkeit wahr und an. Es tut gut, sich nicht dagegen zu wehren und echt sein zu dürfen. Das Entscheidende ist, dass das Herz spricht. Floskeln und leeren Beileidsbekundungen werden eher als unpassend empfunden. Was Sie sagen kann kurz und einfach sein – es braucht meist nicht viele Worte. Wenn es passend erscheint, können Sie fragen, ob es etwas gibt, dass Sie tun können oder ob Sie in einiger Zeit einmal anrufen dürfen. Oft hat der Betroffene nicht die Kraft selbst zum Hörer zu greifen und Kontakt aufzunehmen, obwohl er ihn dringend brauchen würde.
Auch wenn der Trauernde auf direkte oder indirekte Weise den Kontakt ablehnt, dann versuchen Sie dies nicht als Ablehnung Ihrer Person zu verstehen sondern als Ausdruck der momentanen Befindlichkeit des Trauernden.
Die ersten Tage und Wochen
In der ersten Zeit nach einem Todesfall sind besonders praktische Handlungen hilfreich. Einen Topf Suppe kochen, die Treppe oder die Wohnung putzen, mit den Kindern zusammen sein, Einkaufen oder einen Blumengruß vorbei bringen, sind Gesten, die den Trauernden in der ersten Zeit besonders erreichen.
Auch Briefe, die an den Verstorbenen erinnern oder auszudrücken versuchen, wie sich der Trauernde fühlen mag, sind Lichtzeichen in der Dunkelheit. Der Trauernde fühlt sich nicht mehr ganz so allein, sondern erfährt: da ist jemand, der versucht, mich zu verstehen, der keine Angst hat vor meinem Leid.
Die Begleitung Trauernder ist nicht immer leicht. Geduld haben, sich selbst zurücknehmen, gelingt nicht immer und erst recht nicht über eine lange Zeit. Da ist es gut, ehrlich mit sich selbst zu sein und auch die eigenen Grenzen anzuerkennen.
Weitere Hinweise und Informationen finden Sie in der Broschüre „Die Zeit der Trauer – eine Hilfe für Trauernde und Begleitende“, die wir hier auszugsweise präsentiert haben.
Die komplette Broschüre kann beim Krebsverband Baden-Württemberg bestellt werden.
E-Mail: info(at)krebsverband-bw.de
Telefon: 0711 848-10770